21. November 2008

Burmese Days* - Im Land der Winker

Auf die beliebte Frage nach eines der Lieblingslaendern unter den von uns bereisten, haben wir seit heute eine neue Antwort: Myanmar. In diesem Post werden wir Euch nur einige wenige unserer vielen Eindruecke und Erlebnisse vermitteln koennen, alles andere wuerde den Rahmen sprengen. Wir hatten im Vorfeld lange ueberlegt, ob wir nach den juengsten Ereignissen und der generellen Situation des Landes wirklich nach Myanmar fahren sollten. Aber die Pros ueberwogen und wir sind sehr froh, dass wir diese Reise angetreten haben. Nach ueber einem halben Jahr auf Reisen in fantastischen Laendern mit sehr netten Menschen hat uns Myanmar nochmal ueberrascht und uns sowohl sehr beeindruckt, als auch emotional sehr mitgenommen. Vor allem die Burmesen, die sich noch im traditionellen Longyi (langer Wickelrock) kleiden, unentwegt Betelnuesse kauen und ein sehr auffaelliges Make-Up tragen, welches auch als Sonnenschutz dient. Sie sind einfach wahnsinnig freundlich und liebenswuerdig und ihr groesstes Hobby scheint wildes Zuwinken und Lachen zu sein - auch wenn sie unter ihren Lebensumstaenden sicher nicht viel zu lachen haben. Natuerlich gibt es in den Touristenhochburgen, in denen momentan allerdings kaum Touristen sind, auch sehr aufdringliche Typen, aber der ueberwiegende Teil der Menschen hat sich seine Natuerlichkeit bewahrt. Insbesondere auf dem Land, wo man mit einer solchen Herzlichkeit empfangen wird, dass es fast unangenehm ist.
Kulturell hat Myanmar auch so einiges zu bieten. Man kann sich kaum vorstellen, dass es in irgendeinem anderen Land noch mehr Pagoden...

From Myanmar

Buddhastatuen, die teilweise schon mit von Glaeubigen angebrachten Goldblaettchen uebersaeht sind,...

From Myanmar

sowie Moenche, Nonnen und Kloester (vor allem teakhoelzerne)...

From Myanmar

geben kann, denn von diesen ist das burmesische Alltagsbild gepraegt. Die Pagoden ragen meist golden in den Himmel und beherbergen unzaehlige Buddhafiguren, die irgendwie alle auf ihre Art besonders sind (siehe Fotoschau). Viele Moenche, die wir getroffen haben, waren eher reserviert, doch einige mutige suchten den Kontakt und wir mussten immer aufpassen, was wir sagen konnten. So sassen wir z.B. an einem Tag mit dem Abt eines Teakholzklosters bei Tee und Keksen (man wird hier staendig eingeladen), was jedoch etwas eigenartig war, denn er sprach kein Wort englisch und ein Dorfbewohner wurde herbeigerufen, der wiederrum mit seinem gebrochenen Englisch zu uebersetzen versuchte. An dieser Stelle sei erwaehnt, dass wir uns wirklich bemueht haben, die Landessprache zu erlernen, aber irgendwie verstanden uns die Einheimischen nie... An einem anderen Tag tauschten wir im Innenhof eines Klosters mit einem interessierten Moench die neuesten Championsleague-Ergebnisse aus, denn Fussball steht in Myanmar ganz weit oben. Ebenfalls alltagspraegend ist die Zeit, die irgendwann stehen geblieben zu sein scheint - "dank" des Regimes. Wir haben noch nie so alte und abenteuerlich zusammengebastelte Autos und Busse gesehen, die Strassen sind katastrophal und man durchquert gerne mal Fluesse oder Off-Road-Pisten (die 8 bis 18-stuendigen Busfarten hier gehen in unsere Analen der schlimmsten Fahrten unserer Reise ein), Telefone gibt es kaum (man entdeckt zwischen manchem Gemuesestand eines, siehe Bild der Woche), von Handies ganz zu schweigen (aber: ganz vereinzelt gibt es sie) und natuerlich geht der Strom gerne mehrmals taeglich floeten. Und wenn man dann ab und an blitzblankgeputze neue Autos oder Militaers durch die heruntergekommenen Strassen fahren sieht, dann muss man echt an sich halten... Was uns allerdings ueberrascht hat war der doch verhaeltnismaessig gute Internetzugang. Gmail und Spiegel.de funktionierten reibungslos, allerdings war unser Blog gesperrt.
3 Wochen lang erkundeten wir also das "Land der Winker". Was wir nicht zu Fuss erledigen konnten wurde mit Trishaw (Fahrradtaxi), Pferdekutsche, Boot und Kanu, eigenem Fahrrad, zu dritt auf einem Moped, auf der Ladeflaeche von Trucks sitzend oder per Taxi bewaeltigt.
Ankunftsort war YANGON, die ehemalige Hauptstadt des Landes, die als Hauptattraktion die beruehmte Schwedagon Pagode zu bieten hat (besonders schoen bei Sonnenuntergang):

From Myanmar

In Yangon bekamen wir auch gleich einmal ein Gefuehl davon, wie es in Myanmar so laeuft. Denn als wir ein altes, fast nicht als solches erkennbares, Gerichtsgebaeude fotografierten, schrillte sofort die Trillerpfeife eines Militaers auf und wir wurden darauf hingewiesen, dass man hier nicht fotografieren duerfe. Zum Glueck blieb es bei dieser Ermahnung, danach nahmen wir uns ziemlich in Acht. Mit dem Nachtbus ging es ueber den besten Highway des Landes nach MANDALAY, einer lebendigen Stadt, umgeben von beeindruckenden antiken Staedten und Staetten:

From Myanmar

(Schiefer Turm in Imwa)

From Myanmar

(Amarapura: die laengste Teakbruecke der Welt)

From Myanmar

(Haus der vielen Buddhas in Sagaing)

From Myanmar

(Diese Pagode in Mingun beherbergt einen Fussabdruck Buddhas)

Zu unserem neuen Hobby wurde hier das Teetrinken in einer der zahlreich vorhandenen Teestuben auf den Buergersteigen und das Essen von indischen Chapaties. Zum Wochenende fuhren wir, auf vielfaches Anraten der Einheimischen, nach Pyin U Lwin, einem Bergort nahe Mandalay, in den sich dessen Bewohner gerne zurueckziehen, wenn es in Mandalay zu heiss wird. Ein guter Tipp, denn wir besuchten hier u.a. auch mal ein Dorf, das etwas ab vom Schuss war und uns einen Eindruck des harten Landlebens gab. Und dennoch: wir wurden mit einem breiten Lachen begruesst, bewinkt und durch das Dorf begleitet. Weiter ging unsere Route nach BAGAN, wo wir 2 1/2 Tage lang einige der dort zu findenden 4000 Pagoden mit ihren teilweise sehr schoenen Wand- und Deckenmalereien begutachteten und es uns zum Sonnenuntergang auf einer der vielen Tempel bequem machten:

From Myanmar

Unsere schrecklichste Busfahrt hatten wir dann von Bagan zum Inle Lake: 13 Stunden Fahrt in einem "Local Bus", beginnend um 3.30 Uhr morgens. "Local Bus" bedeutet, dass die Doppelbaenke, auf denen man zu zweit sitzt, viel zu eng sind, das Gepaeck in jeden erdenklichen Winkel des Buses gequetscht wird, bis auch noch die letzte Beinfreiheit verloren geht und der in keinster Weise gefederte Bus natuerlich erst dann losfaehrt, wenn auch der Mittelgang und das Dach mit Passagieren besetzt ist. Zur Erholung gab es zum Glueck 2 Tage INLE LAKE! Wir genossen die Ruhe und Schoenheit des Sees in vollen Zuegen, machten Boots- und Kanutouren zu mehreren schwimmenden Doerfern, Pagoden und Kloestern, beobachteten die Fischer mit ihren eigenartigen Fussrudertechniken, sahen unseren ersten Wasserbueffel...

From Myanmar

From Myanmar

und waeren gerne viiiiiiiel laenger geblieben, denn auch unser Guesthouse, das Queen Inn (danke nochmal an Kim und Mark fuer den Tipp!), war einmalig! Wieder erholt machten wir uns an die naechste Etappe: nach 24 Stunden mit Jeep, Bus, Trishaw und nochmal Bus gelangten wir an unser letztes Ziel, den GOLDEN ROCK. Auf der Ladeflaeche eines Trucks wurden wir schliesslich in einer Achterbahnfahrt einen Teil des Berges hinaufgefahren und erklommen den Rest des Weges zu diesem beliebten Pilgerort der Buddhisten zu Fuss.

From Myanmar

Das Besondere an diesem goldenen Felsen ist, dass er nur mit einem geringen Teil seiner Grundflaeche den Boden beruehrt und dennoch nicht den Hang hinabpurzelt. Unseren letzten Tag in Myanmar verbrachten wir erneut in YANGON, wo wir den halben Tag im Kino sassen, denn es lief gerade das Europaeische Filmfestival (u.a. mit "Wer frueher stirbt ist laenger tot" als deutschen Beitrag).
Abschliessend koennen wir nur waermstens empfehlen, sich dieses Land und seine Menschen selbst einmal anzuschauen. Man kann mehr Gutes tun als man denkt.

*Nach dem gleichnamigen Buch von George Orwell, dass wir sehr empfehlen koennen.